16. Mai 2011

Berlin – Die etwas anderen Ausflugsziele.

Die Sonne scheint, die Bekleidungsschichten reduzieren sich von Tag zu Tag, hin und wieder macht man sogar das Fenster für mehr als nur ein kurzes Stoßlüften auf und die Spatzen schreien es von den Dächern: Wir haben den Winter so gut wie überlebt, der Frühling kann sich kaum noch halten, und mit ihm auch wieder die Lust, sich abzustauben, zu entknittern und zu Unternehmungen aufzuraffen.

Obwohl dies hier kein „Berlin’s Places to be“-Guide sein soll, kann ich trotzdem nicht umhin, zwei Ausflugsziele der etwas anderen Art vorzustellen, während deren Besuch man sich in eine Welt versetzt fühlt, die mit dem klassischen Berliner Großstadt-Trubel wenig gemeinsam hat.

Himmlischer Teufelsberg

Ursprünglich als Standort der Wehrtechnischen Fakultät im Rahmen des nationalsozialistischen Projektes „Welthauptstadt Germania“ gedacht und später zur Wintersportattraktion inklusive Rodelbahn und Sprungschanze am Rande der Stadt umgemünzt, beherbergt der Teufelsberg im Westen Berlins heute die riesenhafte Ruine einer US-Abhöranlage aus dem Kalten Krieg. Beinahe unheimliche, halb verfallene Gebäude mit markanten, ebenfalls halb zerfetzten Radarkuppeln prägen jetzt den Teufelsberg und schreien geradezu nach einer Erkundung und stellen eine Versuchung dar, die gleichermaßen verlockend wie gefährlich ist.

So laden beispielsweise Türen am Ende eines langen Ganges zum Öffnen und Weiterspazieren ein, bergen jedoch ein Nichts von ca. 20 Metern Abgrund hinter sich, oder beim Erklimmen eines der Radartürme fehlen in der Wendeltreppe plötzlich mehrere Stufen, deren Nicht-Vorhandensein man aufgrund gähnender Finsternis nicht unbedingt sofort bemerkt. Zwischen diesem Abenteuerland tummeln sich dann andere, teils in weiser Voraussicht mit Taschenlampen ausgestattet, teils mit Spraydosen, Fotoapparaten und Picknickkörben, um die unfassbare Aussicht zu genießen oder sich am eigenen Echo in den Kuppeln zu belustigen.

War das Betreten des Geländes noch bis vor einiger Zeit ohne gröbere Behinderungen nicht unbedingt willkommen, so zumindest durch einige Schlupflöcher zwischen Toren und Zäunen zumindest möglich, so ist mittlerweile angeblich ein eigener Security-Dienst engagiert worden, der die Anlage bewacht. Da hier kein Aufruf zu nicht unbedingt erlaubten Handlungen gestartet werden soll, verweise ich auf die Möglichkeit einer professionellen Führung.

Wunderland Spreepark

Der Spreepark befindet sich in Treptow-Köpenick im Südosten der Stadt und ist ein aufgelassener Vergnügungspark. Seine Hochphase hatte er zu DDR-Zeiten, als noch Millionen Besucher pro Jahr das Themenpark-Gelände stürmten, bis irgendwann in den 90er-Jahren eine falsche Entscheidung getroffen und die Leitung des Vergnügungsparks einem Herrn übertragen wurde, der ihn nicht bloß in die Insolvenz führte, sondern außerdem einige Jahre später bei dem Versuch, sagenhafte 167kg Kokain in einem Teil der Attraktion „Fliegender Teppich“ von Deutschland nach Peru zu schmuggeln, verhaftet wurde.

Jetzt modert der Park vor sich hin, nur die Reste der Fahrgeschäfte erinnern noch an die glanzvolleren Zeiten – es sind jedoch genau diese Überreste, die nun den Reiz des Ganzen ausmachen und deren Besuch und Erkundigung den Besucher in eine andere Zeit jenseits von High-Tech und Disneyworld-Attributen zurück versetzt. Das Riesenrad steht noch in voller Pracht, verstreut zwischen den überwucherten Wegen stehen und liegen riesige Dinosaurierreste herum, Wildwasserbahnen ohne Wasser schlängeln sich durch das Areal, Plastikschwäne lugen zwischen den Gräsern hervor und irgendwo mittendrin präsentiert sich ein mächtiges Amphitheater.

Offizielle Führungen werden hier seit 2010 keine mehr angeboten, doch, unter nochmaliger Berufung darauf, an dieser Stelle keinen Aufruf starten zu wollen: Wo ein Wille, da auch ein Weg.

Wienerin in Berlin (V): Weihnachtsmärkte des Grauens.

Wienerin in Berlin (VI): Die sexy Berliner Mauer.

Wienerin in Berlin (VII): Wien, schnoddrige Hauptstadt des Zwergenstaates Österreich.

Wienerin in Berlin (VIII): Berlin, wo sind deine Alten hin?

Wienerin in Berlin (IX): Berlin – Was es braucht, um so richtig cool zu sein.

Wienerin in Berlin (X): Berlin – Abenteuer Tram.

Wienerin in Berlin (XI): Es geht in die Verlängerung.

Wienerin in Berlin (XII): Berlin – Adieu traditionelle Esskultur

Wienerin in Berlin (XIII): Wo die Retro-Armee marschiert

Wienerin Berlin (XIV): Berlin – Überforderung: Klappe, die zweite

Eva Felnhofer

ist noch länger in Berlin.

3 Kommentare

  1. Charles

    10. März 2011

    Die Geschichte mit der
    Attraktion "Fliegender Teppich" ist grotesk großartig.

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  2. Mariella

    10. März 2011

    Den Teufelsberg finde
    ich auch ganz großartig, diesen Spreepark kenne ich leider nicht.

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  3. Felix

    10. März 2011

    Der Teufelsberg ist
    wirklich richtig schauerlich romantisch.

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